Wiener Neustadt

Städtisches Gaswerk
1860-1960

(Recherche aus beruflichem Interesse)


Städtisches Gaswerk Wiener Neustadt  
und dessen aufwendige Areal-Sanierung


1860 wurde südlich des Stadtparks in Wiener Neustadt ein Gaswerk errichtet, wo aus Kohle Stadtgas erzeugt wurde. Im Jahr 1900 wurde dieses Gaswerk von der Stadtgemeinde Wiener Neustadt übernommen und fortan als städtisches Gaswerk weiterbetrieben. Der Standort des ehemaligen Städtischen Gaswerks Wiener Neustadt war gleich neben dem heutigen Landesgericht Wiener Neustadt direkt am Flügel Maximiliangasse.

1907 waren zur Stadtgaserzeugung zwei Kammeröfen in Betrieb. 1935 wurden schon sechs Kammeröfen betrieben und 1,23 Mio. m³ Stadtgas erzeugt. 1948 waren es bereits 3,02 Mio. m³ Stadtgas, wobei in der Produktion 5.155 t Koks und 224 t Teer anfielen. Das Areal des ehemaligen städtischen Gaswerks Wiener Neustadt hatte bald eine Flächenausdehnung von 22.000 m². 1950 erfolgte der Umbau des Gaswerks zu einer Erdgasspaltanlage ohne Anfall von Nebenprodukten. 1960 war das endgültige Aus für das Gaswerk Wiener Neustadt. Vermutlich wurde das Werk samt Grund schon 1950 oder erst 1960 der damaligen Niogas (heute EVN-AG) in dessen Eigentum übertragen. Jedenfalls wurde zuletzt von der heutigen EVN (Energieverbund Niederösterreich) noch eine zentrale Gasregelstation zur Verteilung von Erdgas vor Ort betrieben. Der Standort des ehemaligen Städtischen Gaswerks Wiener Neustadt befindet sich heute fast zentral im bebauten Gebiet der Stadt.

Wie bei jeder Stadtgasproduktion fielen auch hier Nebenprodukte wie Koks, Steinkohleteer, Schwefel, Ammoniak, Benzol und Toluol, verbrauchte Gasreinigermasse und Ammoniakwasser an. Diese Nebenprodukte gelangten wie bei allen Gaswerken am jeweiligen Standort sowohl durch defekte Leitungen und Anlagenteile als auch durch unkontrollierte Ablagerungen in den natürlichen Untergrund. Ein weiteres Problem hatten die Gaswerke in Wien und Wiener Neustadt gemeinsam - die infolge der schweren Kriegseinwirkungen entstandenen Anlagenzerstörungen und somit zusätzlichen Kontaminationsbelastungen des Erdreichs. Die Produktionsanla
gen in Neustadt wurden im zweiten Weltkrieg mehrmals zerstört, wobei die Chemikalien im Boden versickerten.







Foto Quellnachweis:
http://schlot.wordpress.com/2011/01/02/at-wn-gaswerk-wiener-neustadt/



Bei der Stilllegung bzw. beim Abbruch von Gaswerken wurden kontaminierte Abbruchmaterialien oft am Betriebsgelände zum Beispiel in den stillgelegten Gasbehältern abgelagert und auch unterirdische Anlagenteile wie Leitungen, Teergruben etc. nicht beseitigt, so auch in Wiener Neustadt. Das gesamte Areal, speziell der lokale Untergrund des ehemaligen Gaswerkes war wie auch bei vielen anderen gleichartigen Betriebsgeländen stark kontaminiert.
Ein Problem, dass in Wien auch die ehemaligen Wiener städtischen Gaswerke (heute Wien Energie-Gasnetz) an den Standorten Simmering und Leopoldau haben.

Ein Großteil der angefallenen Abfallprodukte der Produktion wurde damals in Betonbehältern gelagert, diese wurden aber dann mit der Zeit undicht. Das dadurch verseuchte Areal beschäftigte so bereits schon über Jahrzehnte die Behörden. Zumindest seit der Betriebseinstellung 1960.

In den 90er Jahren wurden bei ersten Bodenproben am Gelände des ehemaligen Neustädter Gaswerks und nunmehr EVN-Geländes beim Landesgericht Wiener Neustadt schwer kontaminiertes Erdreich festgestellt. Genauere Untersuchungen des Bodens zeigten, dass nahezu die gesamte ehemalige Gaswerks-Betriebsfläche von Untergrundverunreinigungen betroffen war. Es wurden zum Teil massive Belastungen mit gaswerkstypischen Schadstoffen wie PAK, Phenole, Cyanide sowie aliphatische Kohlenwasserstoffe und Ammonium festgestellt. Die Schwerpunkte der Verunreinigungen befanden sich im nördlichen Betriebsareal vor allem in unmittelbarer Umgebung der ehemaligen Teergruben und Teerbehälter, sowie im südlichen Teil im Bereich der ehemaligen Gasbehälter. Im Nordosten reichte die Kontamination im Grundwasserschwankungsbereich auch noch einige Meter über die Standortgrenzen hinaus.

Zusammenfassend zeigten die Untersuchungen von Boden- und Grundwasser, dass auf dem ehemaligen Gelände des Gaswerkes Wiener Neustadt massive Verunreinigungen des Untergrundes bestehen, die eine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität und speziell im Grundwasserabbfluss Probleme verursachen könnten.


Dieser Abfluss liegt im Bereich des Grundwasserkörpers der Mitterndorfer Senke. Jedoch alle im Umfeld des Gaswerkstandortes vorhandenen Brunnen  und Grundwassernutzungen waren nicht unmittelbar gefährdet. Aufgrund der Voruntersuchungen wurde festgestellt, dass im Süden des Areals circa sechs Meter tief gebaggert werden muss und im Norden rund zehn Meter tief, wobei dort ein Problem mit den Grundwasserständen bei den Abgrabungen auftreten könnte. Das ergab vorerst eine rechnerische Aushubmenge von rund 90.000 Tonnen.


Diese aufgrund der langjährigen Stadtgasproduktion entstandenen und bis zuletzt vorhandenen Kontaminationen des Untergrunds wurden nach den Untersuchungen als Altlast N17 mit der Priorität 2 ausgewiesen. Somit wurde eine umfangreiche Komplettsanierung des Grundstückes in Planung genommen. Es begann ein Wettlauf gegen die Zeit. Im Frühjahr 2006 konnten sich dann der Grundeigentümer (EVN-AG), das Umweltministerium und die Stadt Wiener Neustadt über die Abwicklung und Finanzierung der Sanierung einigen. 80 Prozent der geschätzten Kosten übernahm das Ministerium und 20 Prozent die EVN-AG. Die Stadt Wiener Neustadt gründete im Gegenzug eine 100%ige-Tochtergesellschaft, die für die Abwicklung der Sanierung zuständig war. D
as Gelände wurde infolge ab 2008 mit einem geplanten Kostenaufwand von über 14 Millionen Euro einer kompletten Sanierung unterzogen. Diese hat aber letztlich doch länger gedauert und mehr gekostet als ursprünglich angenommen.


Statt den ursprünglich geplanten 90.000 Tonnen des mit Benzol, Tritol oder Schwefelwasserstoffen kontaminierten Bodens, mussten jedoch am Ende 130.000 Tonnen entsorgt werden. Das mit Schadstoffen verunreinigte Erdreich  mussten in einem aufwendigen Verfahren mit einer Aushubtiefe von bis zu 12 Metern abgetragen werden. Somit explodierten die Sanierungskosten exorbitant. Die vorab kalkulierten 14 Millionen Euro für die gesamte Sanierung stiegen letztlich auf 22 Millionen Euro. Den Großteil der Kosten davon übernahm jedoch der Altlastensanierungsfonds. Aufgrund der prozentuellen Beteiligung an den Sanierungskosten mussten auch die EVN und die Stadt tiefer in die Taschen greifen.
 

Örtliche Lage des ehemaligen Städtischen Gaswerks
Wiener Neustadt
 



Erste Bodenproben gezogen...

Quellnachweis Plan: http://www.umweltbundesamt.at
Quellnachweis Map: schlot_map (bei Google Maps)

 
 


Begonnen wurde mit der umfangreichen Sanierung im August 2007 und wurde im Dezember 2008 abgeschlossen. Womit die geplante Bauzeit von 10 Monaten aufgrund der Mehrgrabungen leicht überschritten wurde. Die in dem Sanierungsprojekt Hand in Hand arbeitenden Unternehmen waren die die Fa. Alpine Bau GmbH, Fa. PORR Umwelttechnik, Fa. Bilfinger Berger BaugmbH,  die Wiener Neustädter Altlastensanierungs-GmbH und ebenso auch der Grundbesitzer, die EVN AG.

Was übrigens nun nach Abschluss der Sanierungsarbeiten mit dem sanierten Grundstück in Wiener Neustadt geschieht ist noch offen, als eine mögliche Variante wird der Bau von Wohnungen und Büros überlegt.


Abschließend noch ein interessanter Link zum Thema Stadtgaserzeugung: 

http://www.wiener-gasometer.at/de/technik/gaserzeugung/schilling-buntescher-gaserzeugungsofen-kammerofen

Quellnachweis: Internet – Wikipedia & Stadtmuseum / Stadtchronik Wr.Neustadt

       

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